Die erwachte Erinnerung

Es geht in dieser späten Wortmeldung einer 82-jährigen Zeitzeugin des II. Weltkrieges um ein aus dem eigenen Erleben erwachtes und gewachsenes Sprechen in der subjektivsten aller literarischen Formen, dem Gedicht. Die ausgewählten Texte sind unterteilt in 4 Gruppen: – I. „210 Zeilen über das schmerzhafte Laufen im Kreis“ sind 15 Sonette als Sonettenkranz, in dem ein einsames Kind und sein Hund durch das seelische Steingebirge des Zeiterlebens und seinem Salzmeer führen. Dieser Inhalt wird durch eine Fülle von Sprachbildern in 210 Zeilen bewältigt. Das Sonett, von Petrarca im 14. Jhd. erfunden, birgt in einer strengen Sprachform die Freiheit des Inhalts und die poetische Subjektivität. – II. „Das Plumbum“, der Titel von 20 ausgewählten Gedichten, verweist auf die Schwere (wie Blei), die in der Tiefe der Kriegserinnerungen liegt. – III. „Die blaue Katze“ ist das Sprechen über seelische Verletzungen und wird in einer lyrischen Erzählung durch die Fantasiefigur der blauen Katze ermöglicht. – IV. „Die Mareibilder“ sind eine Auswahl von 7 Texten über die dunklen Bilder eines behinderten, erbkranken Kindes in der Zeit der ideologischen Machtpolitik des Nationalsozialismus. Diese Texte wurden 1994 erstmals in einer Matinee des Deutschen Theaters Berlin über „werte“ und „unwerte“ Menschen – damals und heute – vorgestellt.